Freitag, 13. Januar 2017

Tatzeit: heute, 16:00, Tatort: Phoenix

Ich habe keine Ahnung, wer sich tatsächlich sonst noch die gefühlt 2000ste Talkshow zum Thema Islam oder Islamismus anschaut, ich bin heute beim Zappen bei Maybrit Illner hängen geblieben.

Frau Illner hat sich leider über die Jahre von der sanft-kritisch Nachfragenden in eine provokant-penetrante Zuspitzerin  gewandelt. Doch bei dieser Show war etwas anders: Es kam tatsächlich mal jemand zu Wort, der Substantielles beizutragen hatte, nämlich eine Religionswissenschaftlerin, die über Jahre über  Islamismus geforscht hat und europaweit junge "Konvertiten" interviewt hat.
Die kam zwar auch wieder erst zu Wort, nachdem die üblichen Krawall-Verdächtigen wie CSU-Scheuer sich ausgetobt hatten, durfte dafür aber ausreden, wohl weil man in der Runde spürte, dass hier endlich mal jemand wußte, worüber sie redete.

Quintessenz ihres erhellenden Beitrages: Es bringt wenig bis nichts (wie am Beispiel A. Amris gut dokumentiert), wenn Strafverfolgungsbehörden in ihren Kämmerlein hocken und alle für sich unendliche Datenmengen sammeln, mit diesen dann aber nix anzufangen wissen. Ihr Standpunkt war, dass es unendlich mehr bringt, mehr Geld in Prävention zu stecken, um jemanden erst gar nicht zum "Gefährder" werden zu lassen.
Der anwesende "Terrorismus-Experte" (ich liebe diesen Begriff) pflichtete sofort bei und hatte auch gleich noch zwei Beispiele aus Dänemark und Holland parat, wo Präventionskonzepte gut funktionierten.

Das brachte den anwesenden Heiko Maas dazu einzuwerfen, man gebe ja bereits unglaubliche 100 Mio Euro für Prävention aus. Der "Experte" warf darauf ein, dass dieses Geld erst seit zwei Jahren zur Verfügung steht, eine Frauenstimme rief, dass Geld allein nicht ausreiche, und ich glaube Stephan Aust meinte, dass 100 Mio gar nicht so unglaublch sind.

Diese ewigen Zahlenspielereien in Talkshows nerven ohnehin, aber überlegen wir uns nur mal kurz, dass es in Großstädten mindestens eine Behörde, in Kleinstädten mindestens eine (gut ausgebildete) Person geben müßte, die sich lokal um Prävention kümmert. Man kann sich ausrechnen, wie schnell allein die Personalkosten die 100 Mio dahinschmelzen lassen.
Man kann auch mit einem holprigen Vergleich argumentieren: Die Deutschen geben im Jahr 9 Millarden (!) Euro für Haustiere aus. Gemessen an der derzeitigen Angst und Medienpräsenz der Thematik "islamistischer Terrorismus": Wieso ist uns dessen Prävention so viel weniger wert? Haben wir  doch mehr Angst davor, dass uns Fluffelhunde auf Schappi-Entzug auf den Teppich kacken, als vor Amokläufern auf dem Oktoberfest?

Oder wollen wir lieber weitere Milliarden in sinnloses Militärequipment versenken (wobe mir persönlich eine Investition in nicht fliegende Kampfdrohnen lieber ist als in welche, die wirklich funktionieren)? Oder geht es um die "schwarze Null"? Wo doch ein leidvoller Blick in Richtung  CSU zeigt, dass uns die schwarzen Nullen so schnell nicht ausgehen werden?

Was ich damit eigentlich sagen will: Danke dafür, dass mal jemand zu Wort kam, der Ahnung hat, und nicht nur das übliche Spektrum aus Krawallnasen und Beschwichtigern.

Und, nur um auch das mal gesagt zu haben: Die populistischen Forderungen nach "wegsperren" oder "ausweisen" lassen sich einfach beantworten: Wir leben in einem Rechtsstaat und nicht in einer faschistischen Diktatur. Daher kann sich jeder hier lebende Mensch (so z B auch Pegida-Anhänger und Co) darauf verlassen, dass er erst eingesperrt wird, wenn er etwas verbrochen hat bzw. rechtskräftig verurteilt wurde. Blöde Sache, so ein Rechtsstaat - zumindest, solange es um das Wegsperren der "anderen" geht.
Uns ausweisen kann ich nur den, der nicht deutscher Staatsbürger ist. Ein großer Teil der Konvertiten dürfte dieses Kriterium nicht erfüllen. Zumindest mit denen muss sich der deutsche Staat selbst auseinander setzen. Und da ist Prävention vielleicht nicht das schlechteste. Vor allem, wenn man sich die Alternativen anschaut.
Und das ewige Geblöke nach "mehr Überwachung"? Dass "mehr Überwachung" schon einmal gezielt Verbrechen verhindert hätte, dieser Beweis steht glaube ich noch immer aus. Kameras an jeder Ecke sorgen lediglich dafür, dass es für jede kriminelle Tat hinterher (!) eine Menge Bilder und Videos gibt, die dann in allen Medien rauf und runter gezeigt werden. Echten Terroristen dürfte das gefallen.

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